21.11.2024, 21:34
The Courage to Continue
Vincent Noyer starrte auf die massive Tür eines stattlichen Anwesens und bereute jede einzelne Handlung, die ihn an diesen Ort geführt hatte. Bereute jeden Schritt weg von dem Hostel und der angrenzenden Bar, der ihn vor die Eingangspforte einer neuen Chance geführt hatte. Eine Tür, die sich nur mit einer ordentlichen Portion Mut bewegen würde. Und Mut war etwas, das er bereits seit mehreren Minuten vergeblich suchte, während er seine Atemzüge zu einem kontrollierten Rhythmus zwang.
Das hier war natürlich Korahs Idee gewesen. Sie hatte nicht aufgehört ihn auf mögliche Arbeitsplätze aufmerksam zu machen. Jeder Zettel war vor seine Augen, in seinen Schoß gelandet. Letztendlich hatte er klein beigegeben. Seine immer leerer werdenden Kapitalreserven hatten fast genauso laut danach geschrien, wie Korah selbst.
Doch hier und jetzt stand nur eins im Vordergrund: Zweifel an dem Vorhaben.
“Ich mach das nicht.”
Die Vogeldame auf seiner Schulter plusterte sich auf und pickte ihn gezielt an der Stelle hinter seinem Ohr.
“Oh doch! Ich kann das gleiche Essen tagein tagaus nicht mehr sehen. Du hast versprochen, dass du es wenigstens versuchst.”
“Aua”
, murmelte Vincent, doch seine scheuchende Hand erhob er nicht gegen sie. Er brachte es nicht über sich, sie von sich zu stoßen. Nicht wenn er ihr gutes Zureden mehr denn je brauchte.
“Es wird nichts bringen. Ich habe doch keine Ahnung, wie man sich bewirbt. Und die Beschreibung der Stelle passt überhaupt nicht zu…”
“Ich habe ein ganz gutes Gefühl bei der Sache. Wir brauchen Geld, sonst sitzen wir bald auf der Straße, Vinci.”
Ihr Picken dieses Mal war liebevoller und strich durch sein kurzes Haar.
“Du machst das schon. Außerdem hab ich dich so schön rausgeputzt, jetzt musst du auch damit werben.”
Vincent stieß skeptisch die Luft aus, die sich in den frühen Morgenstunden des März sichtbar in der Kälte verflüchtigte.
“Schöne Kleidung wird das auch nicht retten können.”
Er holte tief Luft, doch das half nichts gegen sein wild klopfendes Herz.
“Ich versuche es, aber keine Garantie, okay?”
Korah begegnete seinem Blick und blinzelte aufmunternd. Sie war ja so froh, dass sie Vincent endlich aus dem Nest hatte schubsen können. Als hätte er vergessen, dass er schon erwachsen war, und kein schutzbedürftiges Küken. Es war längst überfällig. Das Verstummungsgeld der Schwester fast aufgebraucht. Das Leben als Mensch war teuer, oh ja. Daher hatte Korah ihm seit Wochen die ein oder andere stibitzte Zeitung gebracht. Hatte sogar versucht die besten Stellenangebote auszureißen und ihm hinterherzutragen. Manchmal waren sie zu angeknabbert gewesen, doch mit der Stellenanzeige, die sie heute hierher gelotst hatte, hatte es doch geklappt.
“Los jetzt! Klopfen, oder ich übernehme das.”
Vincent schüttelte seinen Kopf, doch er klopfte gegen das Holz. Das dumpfe Geräusch hallte in seinem Kopf wieder. Oh Himmel, wieso tat er das hier überhaupt? Was sollte er sagen, wenn er gefragt wurde, wieso er seit mehreren Jahren keine Tätigkeit gehabt hatte? Fachfragen konnte er erst recht nicht beantworten. Das Gewicht Korah’s verschwand von seiner Schulter und sein Mut sank noch weiter. Natürlich spürte er sie noch in seinem Kopf. Und natürlich musste sie sich dematerialisieren. Aber es wäre so viel einfacher für ihn, wenn sie ihm durch dieses Gespräch aktiv helfen könnte. Immerhin war sie die Soziale von ihnen beiden.
Die Tür schwang auf und eine ältere Frau stand vor ihm. “Ja bitte?” Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Skeptisch. Definitiv kein Professor Baldur Hellissand, aber nicht weniger einschüchternd. Vincent musste seinen Impuls wegzulaufen runterschlucken.
“Ich bin wegen … des Stellenangebots hier. Ähm, der Name, also mein Name ist Vincent Noyer.”
Na, das fing ja schon einmal gut an. Er gab sich eine mentale Ohrfeige. Die Gesichtszüge der Frau transformierten sich zu etwas, das zu weich für Missbilligung, zu neutral für Freundlichkeit war. Die Art wie sie die Augenbrauen leicht zusammenzog, wirkte fast mitleidig. “Kommen Sie bitte rein.” Sie führte ihn ohne ein weiteres Wort in einen nahegelegenen Raum mit einer Sitzecke. Dort ließ sie ihn zurück, um den Professor zu holen.
Vincent war zu nervös, um sich zu setzen, also tigerte er durch den Raum, sah sich um, ohne ein einziges Detail wahrzunehmen. Zumindest war er schon mal im Haus, doch das Schlimmste stand ihm noch bevor. Vincent hatte jedes einzelne Wort der Stellenbeschreibung vergessen. Sein Kopf war völlig blank, als er Schritte hinter sich hörte und sich in Richtung Tür drehte.
Das hier war natürlich Korahs Idee gewesen. Sie hatte nicht aufgehört ihn auf mögliche Arbeitsplätze aufmerksam zu machen. Jeder Zettel war vor seine Augen, in seinen Schoß gelandet. Letztendlich hatte er klein beigegeben. Seine immer leerer werdenden Kapitalreserven hatten fast genauso laut danach geschrien, wie Korah selbst.
Doch hier und jetzt stand nur eins im Vordergrund: Zweifel an dem Vorhaben.
“Ich mach das nicht.”
Die Vogeldame auf seiner Schulter plusterte sich auf und pickte ihn gezielt an der Stelle hinter seinem Ohr.
“Oh doch! Ich kann das gleiche Essen tagein tagaus nicht mehr sehen. Du hast versprochen, dass du es wenigstens versuchst.”
“Aua”
, murmelte Vincent, doch seine scheuchende Hand erhob er nicht gegen sie. Er brachte es nicht über sich, sie von sich zu stoßen. Nicht wenn er ihr gutes Zureden mehr denn je brauchte.
“Es wird nichts bringen. Ich habe doch keine Ahnung, wie man sich bewirbt. Und die Beschreibung der Stelle passt überhaupt nicht zu…”
“Ich habe ein ganz gutes Gefühl bei der Sache. Wir brauchen Geld, sonst sitzen wir bald auf der Straße, Vinci.”
Ihr Picken dieses Mal war liebevoller und strich durch sein kurzes Haar.
“Du machst das schon. Außerdem hab ich dich so schön rausgeputzt, jetzt musst du auch damit werben.”
Vincent stieß skeptisch die Luft aus, die sich in den frühen Morgenstunden des März sichtbar in der Kälte verflüchtigte.
“Schöne Kleidung wird das auch nicht retten können.”
Er holte tief Luft, doch das half nichts gegen sein wild klopfendes Herz.
“Ich versuche es, aber keine Garantie, okay?”
Korah begegnete seinem Blick und blinzelte aufmunternd. Sie war ja so froh, dass sie Vincent endlich aus dem Nest hatte schubsen können. Als hätte er vergessen, dass er schon erwachsen war, und kein schutzbedürftiges Küken. Es war längst überfällig. Das Verstummungsgeld der Schwester fast aufgebraucht. Das Leben als Mensch war teuer, oh ja. Daher hatte Korah ihm seit Wochen die ein oder andere stibitzte Zeitung gebracht. Hatte sogar versucht die besten Stellenangebote auszureißen und ihm hinterherzutragen. Manchmal waren sie zu angeknabbert gewesen, doch mit der Stellenanzeige, die sie heute hierher gelotst hatte, hatte es doch geklappt.
“Los jetzt! Klopfen, oder ich übernehme das.”
Vincent schüttelte seinen Kopf, doch er klopfte gegen das Holz. Das dumpfe Geräusch hallte in seinem Kopf wieder. Oh Himmel, wieso tat er das hier überhaupt? Was sollte er sagen, wenn er gefragt wurde, wieso er seit mehreren Jahren keine Tätigkeit gehabt hatte? Fachfragen konnte er erst recht nicht beantworten. Das Gewicht Korah’s verschwand von seiner Schulter und sein Mut sank noch weiter. Natürlich spürte er sie noch in seinem Kopf. Und natürlich musste sie sich dematerialisieren. Aber es wäre so viel einfacher für ihn, wenn sie ihm durch dieses Gespräch aktiv helfen könnte. Immerhin war sie die Soziale von ihnen beiden.
Die Tür schwang auf und eine ältere Frau stand vor ihm. “Ja bitte?” Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Skeptisch. Definitiv kein Professor Baldur Hellissand, aber nicht weniger einschüchternd. Vincent musste seinen Impuls wegzulaufen runterschlucken.
“Ich bin wegen … des Stellenangebots hier. Ähm, der Name, also mein Name ist Vincent Noyer.”
Na, das fing ja schon einmal gut an. Er gab sich eine mentale Ohrfeige. Die Gesichtszüge der Frau transformierten sich zu etwas, das zu weich für Missbilligung, zu neutral für Freundlichkeit war. Die Art wie sie die Augenbrauen leicht zusammenzog, wirkte fast mitleidig. “Kommen Sie bitte rein.” Sie führte ihn ohne ein weiteres Wort in einen nahegelegenen Raum mit einer Sitzecke. Dort ließ sie ihn zurück, um den Professor zu holen.
Vincent war zu nervös, um sich zu setzen, also tigerte er durch den Raum, sah sich um, ohne ein einziges Detail wahrzunehmen. Zumindest war er schon mal im Haus, doch das Schlimmste stand ihm noch bevor. Vincent hatte jedes einzelne Wort der Stellenbeschreibung vergessen. Sein Kopf war völlig blank, als er Schritte hinter sich hörte und sich in Richtung Tür drehte.