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Es ist: 08.09.2024, 05:06


Settling the Mind
#1


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


Dalvin kam unter einem Vordach zum Stehen, strich sich mit der freien Hand durch die braunen Haare, die nass etwas traurig aussehenden an seinen Kopf gedrückt wurden. Nicht, dass er sich über Regen beschwerte, im Gegenteil. Er wäre auch einfach weiter gegangen, wenn sein verdammter Fuß ihn nicht so einschränken würde. Er nutzte also den Schmerz um an diesem Ort eine kleine Zwischenpause zu machen. Durchatmen, den Fuß ein wenig entlasten und weiter. Das Wetter schien ihm zu spielen zu wollen, am Horizont klarte der Himmel immerhin etwas auf. Von der Sonne keine wirkliche Spur, aber die Wolken wurden heller. Rücklings lehnte der Ire also unter diesem Dach, stützte sich auf den Gehstock, den er inzwischen einfach nur noch in irgendeinem Fluss versenken wollte. Im Gegensatz zu anderen Wunden würde die Zeit diese heilen, nicht mehr als vielleicht eine Narbe zurück lassen. Aber es nervte den Mann, sich nicht bewegen zu können, wie er wollte. Und auch, wenn ihm sonst eine endlose Ruhe inne wohnte, hier war seine Geduld inzwischen einfach am Ende.

Das kommt davon, wenn man sich auch nicht ausruht, sondern wie ein Irrer durch den Regen stapfen muss um sich die Stadt anzusehen.

Die vertraute Stimme seiner Partnerin ließ ihn lautlos seufzen. Sie schwirrte in dematerialisiertem Zustand irgendwo neben ihm her, warf dabei trockenen Pelzes weise Kommentare um sich.

Das sagst du Prinzessin, wo dein Fell trocken und nicht mit Schlamm bespritzt werden kann. Außerdem bist du es doch, die jammert, dass sie mehr raus will!
Aber auch nur, wenn ich mich wirklich austoben dürfte!
Hab’ noch ein bisschen Geduld.


Ein erneutes Seufzen von Dalvin folgte. Er verstand sie so gut und hätte es ihr so gern ermöglicht, dieser Wunsch schwang auch in dem sanften Ton seiner Stimme mit. Sie mussten ankommen, sich ein wenig einleben und dann konnten sie in Ruhe anfangen, zu Normalität zurück zu kehren. Zumindest oberflächlich. Bis sie sich wirklich darauf einlassen konnten, würde noch viel, viel Zeit vergehen. Ohne einen wirklich Grund hob Dalvin die Hand, betrachtete wie in Trance den Ring, der dort wie immer stumm ruhte. Sie hätte auch in dieser Situation einen kühlen Kopf behalten, hätte sie alle mit genug Optimismus für ein ganzes Land versorgt und ihnen alle Sorgen und Ängste ausgeredet. Mit einer Zuversicht, die ihresgleichen gesucht hatte. Dalvins Hand, die auf dem Stock ruhte, verkrampfte sich etwas, während er den grünen Stein betrachtete. Wäre sie hier, wäre alles anders.

Das weißt du nicht. Und es bringt auch nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Dalvin nickte. Seine Partnerin hatte Recht, auch wenn es ihm schwer fiel, diesen Gedanken zu akzeptieren, nicht zu hoffen, es wäre anders. Shailé war nicht hier, würde es nie wieder sein. Daran würde niemand etwas ändern können, so sehr der Ire es sich auch wünschte.
Aber immerhin der Regen wurde weniger, er würde also noch kurz verschnaufen, bevor sein Weg ihn weiter führte. Ohne wirkliches Ziel. Einfach ein bisschen Bewegung.
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#2


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


Je näher er der Stadt kam, desto mehr wurden seine Schritte von einem zaghaften Platschen begleitet. Dass er unverschämtes Glück hatte, nicht in den Regen reingerannt zu sein, nahm er nur am Rande wahr. Ein paar schwere Tropfen hatten ihn noch erwischt, ehe die Wolken entschieden hatten, der Stadt ein wenig Schonung zu gönnen. Auch Mairi hatte einen Topfen abbekommen und nachdem es ihr nicht gelungen war, beruhigend auf den Jungen einzureden, hatte sie sich in seiner Jackentasche bequem gemacht und putzte sich das schmutzige Fell. So bekam Joshua zumindest ein wenig Ruhe in seinem Kopf, doch die übertrug sich noch lange nicht auf seinen Körper. Zwischendurch hatte er immer wieder Pause machen, verschnaufen müssen, aber der Drang vor dem Wegzurennen, was ihm Angst machte, war immer zurück gekehrt.
Auch jetzt stoppte ihn einzig die Atemnot. Mit hektischen Atemzügen stemmte er sich an seinen Knien ab, versuchte gedanklich ein Ziel zu greifen, einen Ort, an dem er zur Ruhe käme, aber den gab es nicht. Ihm fiel auch niemand ein, dem er sein Leid klagen konnte und der ihn nicht dafür auslachen würde, dass seine Ratte ihn dazu zwang, am Zirkus teilzunehmen.

Eben jene Ratte streckte plötzlich ihren Kopf raus und schnupperte in verschiedene Richtungen.

'Hier ist ein Katori.' Dankbar für die Ablenkung sah er zu Mairi, die mit einem Ärmchen in eine Richtung wedelte. 'Da lang.'

'Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, jetzt einem Katori zu begegnen...'

Er war nun wirklich nicht in der mentalen Verfassung neue Bekanntschaften zu machen, als wäre es sonst nicht schon schwer genug für ihn. Aber Mairi ließ auch dieses Mal nicht locker.

'Ich kenne den Geruch. Na los, gehen wir hin.'

Joshua seufzte schwer. Sie mit ihrer Nase dürfte viele Gerüche kennen, aber kannte sie noch andere Katori?

'Ich kenne so viele wie du, Joshua. Du suchst immer nach Ausreden, um etwas nicht tun zu müssen, oder?'

'Nicht immer...'

Widerwillig bewegte er sich in die gezeigte Richtung, aus der er nun auch dieses inzwischen bekannte Gefühl wahrnahm. Sein Atem ging immer noch schwer und seine Beine jammerten über den übertriebenen Einsatz, aber solange diese innere Unruhe weiterhin vorherrschte, würde er sich ohnehin nicht ausruhen können. Vor allem nicht auf Hinblick, was ihm am Abend noch bevorstand.

Als er aber den Mann sah, der anders als der Junge durchnässt war und scheinbar Unterschlupf gesucht hatte, blinzelten ihn die braunen Augen verblüfft an.

"Dorian?"

Seine Stimme klang noch immer atemlos, das schwere Heben und Senken seiner Brust unterstrichen die Anstrengungen. Mairi hingegen war wie immer das blühende Leben, krabbelte eher ungeschickt aus der Tasche heraus und ließ sich noch wesentlich ungeschickter an Jacke und Hose runtergleiten, ehe sie zu Boden springen und zu dem älteren Katori laufen konnte.

"Wie gut, dich hier zu treffen. Du wirst nicht glauben, was uns gerade passiert ist! Ich traf ein Pferd mit einer Frau und dann kam Joshua auch noch dazu und keiner von beiden wollte mit mir reden, aber ich habe es trotzdem versucht..."

Den Redesturm versuchte Joshua mit einem Räuspern zu unterbrechen, aber die Rattendame war nicht mehr aufzuhalten. Stattdessen sprach er das offensichtliche aus und versuchte mit seiner müden Stimme die Mairis zu übertönen:

"Ist Jadiya nicht bei dir?"

"Und ich werde berühmt! Ist das nicht toll?!"

Erwartungsvoll stellte Mairi sich auf ihre Hinterpfoten und starrte Dorian mit funkelnden Augen an. Die kleinen Vorderpfoten fanden aufgeregt zueinander.
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#3


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


Die blauen Augen des Mannes ruhten auf den Wolken, die über die Stadt zogen, Regen spendeten. Jadiya schwieg, blieb aber die ganze Zeit an seiner Seite, bewahrte ihn davor, dass seine Gedanken zu sehr abdrifteten. Und die Wölfin war es, die ihn auch als erste darauf aufmerksam machte, dass sie nicht mehr lang allein sein würden. Erst, als seine dematerialisierte Partnerin auf das Gefühl aufmerksam machte, wandte Dalvin den Blick herum, riss sich vom Anblick des Himmels los. Es dauerte noch wenige Herzschläge, bis ein Junge vor ihm stand, der ziemlich aus der Puste schien, vollkommen durchnässt war und ihn mit einem Namen ansprach, der noch immer nicht im Verstand des Iren angekommen war. Es war nötig, das wusste er, aber der Dunkelhaarige sehnte sich den Tag herbei, an dem sie offen sprechen konnten. Irgendwann, in hoffentlich naher Zukunft.

„Joshua, du hast es ziemlich eilig, hm? Atme erst einmal ordentlich durch.“

Ein freundliches, begrüßendes Lächeln lag auf den Lippen des Mannes, als schon der kleine Plüschball aus der Tasche des Jungen sprang. Die Rattendame kam zu ihm hinüber und zu gern hätte Dalvin sich zu ihr gehockt, um sie zu begrüßen. Aber er hatte die Vermutung, dass das Aufstehen ihm danach sehr schwer fallen würde. Also gab er dem kleinen Wesen mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich gern auf seine Höhe begeben durfte. Ob sie nun in der Tasche seines Mantels verschwand oder Platz auf seiner Schulter suchen würde. Währenddessen lauschte er der Erzählung des Tieres, schmunzelte sachte darüber.

„Ich denke Mal, sie war kein Katori? Sonst hätte sie sicher mit dir gesprochen.“

Joshua versuchte Mairi zu unterbrechen, aber das kleine Tier plapperte munter weiter und entlockte Dalvin damit ein Lachen.

Jadiya beobachtete zuerst still die Situation um den Jungen und seine Rattenpartnerin, zog sich dann hinter Dalvins Beine zurück, um zwischen diesen und der Wand wieder zu materialisieren, nachdem Joshua gefragt hatte, ob sie nicht bei Dalvin war. Oder Dorian. Wie auch immer. Sie hatte zuvor den Blick schweifen lassen, um sicher zu gehen, dass niemand sie hier sehen konnte, schüttelte dann leicht den bunten Pelz.

„Ich bin hier.“

Sie warf dem Jungen ein wölfisches Lächeln zu, streckte dann die Nase in Mairis Richtung, um sie zur Begrüßung anzustupsen.


„Sie versucht nur, sich vor dem Regen zu schützen. Sonst wird das Fell der Prinzessin immer so strubbelig.“

Dalvin konnte seine Partnerin in dieser Position nicht sehen, aber er spürte den vorwurfsvollen Blick, den sie ihm ganz eindeutig zu warf.

„Du wirst berühmt, Mairi? Wie darf ich das verstehen?“

Ehrliche Neugier schwang in der Stimme des Iren mit, er konnte sich nicht wirklich erklären, was das kleine Tier damit meinte.
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#4


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


Ob er es eilig hatte? Womöglich ein wenig, aber das war schließlich nicht der eigentliche Grund, warum er hier völlig atemlos vor dem noch fremden Mann stand und seine Beine trotz Zittern immer noch das Signal bekamen, nicht stillhalten zu dürfen. Leider wusste er aber auch, dass er zwar vor dem Ort Zirkus fliehen konnte, nicht jedoch vor Mairi, die ihn noch dazu zwingen würde, dorthin zurückzugehen. Auf welche Weise auch immer. So begeistert wie die Rattendame von dem Aufeinandertreffen mit Amaya sprach, hatte Joshua keinen Zweifel daran. So hatte der Junge aber wenigstens etwas Zeit durchzuatmen.

"Ähm, nein... Ich denke nicht, dass sie ein Katori war", antwortete Joshua an Mairis Stelle, da die sich in ihrem Redeschwall nicht mal von der Frage unterbrechen ließ.

Jetzt hatte er mit Dorian auch einen direkten Vergleich, wie anders sich die Gegenwart zu einem Katori im Gegensatz zu einem einfachen Menschen wie Amaya anfühlte. Daran konnte er sich also in Zukunft orientieren und wissen, wenn er mit der aufgeweckten Ratte vorsichtig sein musste, richtig? Noch immer hatte er manchmal das Gefühl, dass das alles nur ein seltsamer Traum war und er bald aufwachen würde und die Vorstellung, in einer Zirkusshow aufzutreten könnte sogar sehr gut zu einem seiner Albträume passen. Es würde definitiv noch eine ganze Weile dauern, bis er sich in dieses Katoriding einfand.

Apropos Katori... da fehlte doch eindeutig etwas oder eher jemand bei Dorian. Und da wartete auch schon der nächste Schock auf den Jungen. Die Wölfin war in ihrer Gestalt nicht so leicht zu übersehen, erst recht nicht auf kleinem Raum und wenn sonst nicht viel zu sehen war wie in ihrer Umgebung. Aber da erschien sie auf einmal wie aus dem Nichts hinter Dorians Beinen. Joshuas Augen weiteten sich ungläubig und er stolperte erschrocken etwas zurück. Ihre Stimme verriet auch, dass er sie sich nicht nur einbildete, hatte er sich also nur eingebildet sie nicht gesehen zu haben? Nein, sie war wirklich nicht zu sehen gewesen, dessen war er sich sicher. Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu. Er hatte zwar schon manchmal dran gedacht, ob die Verbindung der Katori zu ihren Partnern magischer Natur war, aber das hatte er immer für zu unwirklich gehalten, auch wenn er es sich sonst nicht erklären konnte. Dass Tiere einfach verschwanden und wieder erschienen musste doch Zauberei sein! Den noch immer geweiteten Augen mit dem starrenden Blick und leicht geöffneten Mund, der die Ungläubigkeit nicht ganz in Worte fassen konnte, war deutlich anzusehen, dass er mit dieser Offenbarung nicht recht umzugehen wusste.

Mairi hatte ihren Redeschwall in der Zwischenzeit mit den jauchzenden Worten, sie würde berühmt werden, beendet und erwiderte Jadiyas Begrüßung erfreut, indem sie sich auf ihre Hinterläufe stellte und die Schnauze des größeren Tieres herzlich umarmte. Dass sie mit einem Happs im Maul verschwinden könnte, kam ihr nicht für eine Sekunde in den Sinn. Ebenso freute sie das Interesse des Mannes, an dem es Joshua mangelte, wie so vieles.

"Wenn ich erstmal in der Show aufgetreten bin, werde ich sicher das berühmteste Tier im Zirkus." Ihr Selbstbewusstsein war noch immer deutlich größer als ihre körperliche Gestalt. Ihr kam ein Gedanke, der sie aufgeregt Japsen ließ. "Vielleicht sogar der ganzen Welt!"
Sie setzte sich auf ihren Po, den Blick verträumt gen Himmel gerichtet. "Die Menschen werden mir applaudieren und mich bejubeln und die Tiere werden ganz neidisch auf mein Talent sein. Sie werden sich fragen 'Woher hat diese Mairi das?' und ich werde sagen 'Das ist alles angeboren, dafür kann ich nichts.' Und dann werde ich ganz viel gelobt und gestreichelt und kriege so viele Snacks wie ich essen kann."
Aus ihrer Träumerei gerissen, aber noch immer in ihrer eigenen schönen Welt, blickte sie zu Jadiya und Dorian zurück und warf ihnen ihr niedlichstes Nagerlächeln zu. "Ihr kommt doch auch und seht mir zu?"


Joshua hatte ohnehin schon alle Mühe den Schock mit der plötzlich auftauchenden Wölfin zu verarbeiten, da machte es Mairis Fantasie nicht gerade besser. Unbewusst machte er wieder ein paar kleine Schritte zurück, überlegte sogar, ob er jetzt nicht klammheimlich verschwinden sollte, aber da drehte Mairi sich um - er vergaß jedes Mal, dass sie seine Gedanken hören konnte... - und zeigte anklagend mit einer Pfote auf ihn.

"Du bleibst hier. Wenn du mir meine Chance ruinierst, werde ich dir das niemals verzeihen!"

Ihre Stimme, so süß und lieblich sie klingen mochte, konnte auch einen harten und herrischen Ton annehmen, wie gerade eben und der ließ Joshua zusammenzucken und zu Stein erstarren.
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#5


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


Dalvin nickte ruhig auf die Worte des jungen hin, ganz genau wie er vermutet hatte. Oder gehofft? Vielleicht auch das ein bisschen. Ihm wurde noch immer etwas mulmig, wenn er darüber nachdachte, wie viele fremde Katori ihnen schon begegnet waren. Er konnte mit dieser Tatsache nicht den Gedanken daran verdrängen, dass viele Katori am selben Platz sie vielleicht dazu bringen würden, sich im Kreis zu drehen. Alles noch einmal durchleben zu müssen. Und dieses Mal würde ihnen sicher nicht ganz so einfach eine Flucht gelingen. Aber für den Moment versuchte der Ire, diese Szenarien herunter zu schlucken. Es fiel ihm unglaublich schwer, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Oder wenigstens nicht vollkommen pessimistisch.
Seine blauen Augen huschten zu der kleinen Rattendame, die noch immer munter vor sich hin quasselte, richtete sich dann aber wieder zu ihrem Partner und ein mitfühlender Ausdruck trat in Dalvins Augen. Er kannte diese Tiere, die nicht still sein konnten, die die Nacht in den Tag verwandeln konnten, wenn sie irgendetwas zu erzählen hatten. Gut, bei Donovan waren das alles wichtige Informationen gewesen, trotzdem nahmen er und Mairi sich nichts.
Im nächsten Moment wirkte Joshua allerdings so, als hätte er einen Geist gesehen. Einen großen, voller Blut und mit einer Axt in seine Richtung blickend. Einen Moment lang war Dalvin verwirrt, mied es, den Blick hinter sich schweifen zu lassen. Dann verstand er und unterdrückte ein gut gemeintes Lachen.

„Du scheint diese besondere Fähigkeit von Katoritieren nicht zu kennen? Man nennt es dematerialisieren. So ist es zum Beispiel auch einem Löwen möglich, seinen Katori durch eine belebte Stadt zu begleiten. Niemand kann sie so sehen, nicht einmal ihre Partner.“

Dalvin bemühte sich, seine Stimme möglichst ruhig zu halten, als wäre dieser Zustand das Normalste der Welt. War es ja im Prinzip auch für jeden Katori, wenn man davon nicht vollkommen überrumpelt wurde.

Jadiya blieb ruhig neben Dalvin stehen, richtete die orangen Augen nur mit freundlichem Ausdruck auf den jungen Katori, der von ihrer plötzlichen Erscheinung ziemlich erschrocken war. Sie hatte nicht darüber nachgedacht, dass Joshua diese Fähigkeit vielleicht nicht kennen konnte, ansonsten hätte sie ihn sicher sanfter heran geführt, als plötzlich vor seinen Augen aus dem Nichts zu erscheinen.

„Kennst du diesen Zustand, Mairi?“

Sie erwiderte die Umarmung der kleinen Rattenpfoten mit einem erneuten, vorsichtigen Stupser ihrer Nase, lauschte dabei der aufgeregten Erzählung des kleinen Tieres. Sie würde also berühmt werden, Jadiya konnte nicht leugnen, dass diese Geschichte sie interessierte.

„Und natürlich kommen wir um zu sehen, wie berühmt du wirst! Auch, wenn du mich vermutlich eher nicht im Publikum sehen wirst.“


Dalvin atmete einmal tief durch, da sich der Zustand des Jungen kaum verändert hatte und ihm der Schock noch immer ins Gesicht geschrieben stand. Mairis Frage ging einen Moment lang unter, zuerst wollte der Dunkelhaarige dem Jüngeren helfen, diesen Schock zu verarbeiten. Dafür kümmerte sich seine Partnerin darum, Er lächelte Joshua ruhig entgegen, Verständnis in den blauen Augen.

„Nächstes Mal warnen wir dich vor, versprochen.“
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#6


Settling the Mind
   Dalvin Crown   Joshua Kane
am 10.04.1953


"Ich scheine so einiges über Katori nicht zu kennen", murmelte Joshua entmutigt auf die Vermutung des Älteren hin, unwissend, ob der ihn überhaupt hörte.

Nachdem er seinen Unmut jedoch rausgelassen hatte, ließ er die Erklärung gedanklich Revue passieren und verinnerlichte sie. Rein objektiv musste er zugeben, dass diese Fähigkeit überaus praktisch war, vor allem in einem Fall wie dem genannten Beispiel. Und wahrscheinlich auch in Jadiyas Fall, die zwar mit viel Unwissen wie seinem für einen Hund gehalten werden könnte, aber wenn jemand einen Wolf in der Stadt herumlaufen sehen würde, würde das sicherlich für Unruhe sorgen.
Doch gleichzeitig fragte er sich einmal mehr, in was für eine Hexerei er hineingeraten war. Das musste doch Magie sein und die konnte es nicht geben, aber er erlebte selbst, dass es das gab und... das alles überforderte den Jungen über alle Maßen.

"Hm?" Mairi unterbrach ihre aufgeregte Erzählung leicht irritiert auf Jadiyas Nachfrage hin. Ihre Ohren zuckten, als könne sie damit den Sinn der Frage besser verstehen, sah kurz zu Dalvin, dann zu Joshua und kramte in ihrem Rattenhirn danach, worüber die anderen gerade geredet haben könnten. Es war ohnehin ein Unding, dass ihr nicht die volle Aufmerksamkeit geschenkt worden war, aber darüber sah sie großzügig hinweg, da sie selbst auf die Antwort kam und munter antwortete: 

"Ach so, ja klar! So bin ich Joshua gefolgt, wenn er zu schnell für mich war. Aber ich mag es lieber in meinem richtigen Körper, deswegen mach ich das nicht oft." Zur Unterstreichung legte sie ihre Arme an ihren Oberkörper, was wirkte, als würde sie sich selbst umarmen.

Aber wen interessierte denn bitte, wer sich wie und warum dematerialisieren konnte? Viel wichtiger war doch ihr bevorstehender Auftritt! Und sie wollte dafür sorgen, dass zwei Plätze fest reserviert waren. Daher freute sie sich ungemein über die Zusage der Fähe, was sich an ihrem entzückenden Nagerlächeln erkennen ließ.

"Das ist okay. Viel wichtiger ist ohnehin, dass du mich sehen kannst."

Dass Dalvin nicht ebenfalls zugestimmt hatte, nahm sie gar nicht wahr. Es stand doch sowieso fest, dass er ebenfalls anwesend sein würde. Wie könnte er auch nicht? Jetzt musste die Rattendame nur noch dafür sorgen, dass auch ihr Menschlein dabei war, sonst brachten ihr die Zuschauer nichts, wenn sie nicht auftreten konnte. Immerhin half die Drohung dabei, dass er von seinem Fluchtgedanken abkam und wie zu Salz erstarrt stehen blieb.


"Mairi, ich mein es ernst: Ich kann das nicht", brachte der Dunkelblonde zwischen zusammengepressten Zähnen heraus.

Mairi rollte genervt mit den Augen. "Wie oft noch? Du musst gar nichts machen!"

"Ich muss anwesend sein und so tun als würde ich dir Anweisungen geben, das ist schon schlimm genug..."

Joshua ging in die Hocke und fuhr mit seinen Händen verzweifelt durch seine Haare. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Nein, falsch. Worauf hatte Mairi ihn da nur eingelassen? Und war er überhaupt in diese Position gekommen, plötzlich vor Publikum auftreten zu können? Das Schicksal musste sich wirklich einen schlechten Scherz mit ihm erlauben. Oder eher mehrere, denn die Verbindung zu Mairi war wohl der größte überhaupt.

Hilfesuchend fanden die braunen Augen zu Dorian, deuteten panisch auf die Rattendame, die ungewöhnlich ruhig wurde, weil sie sich überlegte, ob sie etwas bestimmtes anziehen oder in ihrer fabelhaften Naturkleidung auftreten sollte. Der Junge betete, dass er von diesem Albtraum erlöst werden könnte, auch wenn er nicht wüsste, wie. Aber irgendjemand musste ihn vor dieser Ratte retten.
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