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Es ist: 27.12.2024, 00:31


Curiosity Killed the Cat
#1


Curiosity Killed the Cat
   Spielleitung   Vincent Noyer
am 07.04.1953


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Nolan Hobbs
31 Jahre
Sergeant | Katori


Mit einem sachten Nicken grüßte er die Dame, die ihm im Flur der Universität entgegen kam. Ihre Augen verrieten, dass sie sowohl irritiert als auch beunruhigt war, ihn hier zu sehen, was wohl in erster Linie an der Uniform lag, die ihn eindeutig als Teil der Ineburyer Polizei identifizierbar machte. Er spürte ihren Blick im Nacken, als er vorbeigegangen war und konnte ihre Gedanken förmlich hören. Es wäre ein leichtes gewesen, ihre Sorgen mit einem simplen ‚Nichts passiert, mein Besuch ist von persönlicher Natur‘ zu beruhigen, doch Nolan verzichtete darauf, schritt wortlos weiter und erklomm schließlich die Treppen, die als Weg zu den Büros der Professoren ausgewiesen waren. Im Flur überlegte die Dame wohl noch immer, welcher ihrer Kollegen sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen. Die Blicke der vereinzelten Studenten, die sich während der Vorlesungszeit auf den Gängen herumtrieben, waren zurückhaltender, doch auch ihnen standen die Fragen ins Gesucht geschrieben. Nolan ignorierte auch sie und bewegte sich zielstrebig weiter in die Richtung der Büros, die sich über einen Gang erstreckten. Blieb zu hoffen, dass er den richtigen Korridor im richtigen Gebäude  gewählt hatte. Zur Sicherheit – und um Zeit zu sparen – fragte er dennoch die erstbeste Kollegin, die ihm entgegenkam, wo er Professor Hellissand finden konnte. Diese wies ihm mit leichter Überforderung und Überraschung den Weg und Nolan dankte mit einem kurzen Lächeln.
 
Im Vorraum zu Prof. Hellissands Büro fanden sich einige literarische Werke, die einem wohl auch eine längere Wartezeit irgendwie erträglich gestaltet hätten. Der Dunkelhaarige allerdings hatte nicht vor, sich hier die Zeit zu vertreiben. Sein Blick wanderte nur kurz über das Angebot, ehe er an der Tür zum Büro zum Stehen kam. Er hob die Hand, um zu klopfen, nachdem er das Namensschild an der Tür noch einmal geprüft hatte, hielt aber Inne, als Stimmen von innen an sein Ohr drangen. Wie es schien, würde er wohl doch mehr Zeit einplanen müssen als erwartet. Mit einem Seufzen wandte sich Nolan herum und überlegte, ob er später wieder kommen sollte. Da erhaschte er einen Blick auf einen weiteren Menschen. Ein weiterer Katori, wie es schien. Nolan’s Mundwinkel zuckte. Hellissand wusste, was er tat. Ihn berührte es weniger.
 
„Entschuldigen Sie. Wissen Sie zufällig, wie lange Mr. Hellissand in der Besprechung sein wird? Ich hätte etwas mit ihm zu besprechen. Aber es hat keine Eile, es ist keine dienstliche Angelegenheit.“
 
Wenn er nichts wusste, hatte Nolan wenigstens gefragt. Das beste, was passieren konnte, war eine vage Zeitangabe oder die Möglichkeit, dem Professor eine Nachricht übermitteln zu lassen.
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#2


Curiosity Killed the Cat
   Spielleitung   Vincent Noyer
am 07.04.1953


Nachdem das Konferenzwochenende überraschend ereignisreich geworden war, war Vincent fast schon froh, dass ihn der Alltagstrott der Universität wieder gefangen genommen hatte. Wären da nicht diese langweiligen Seminararbeiten der Studenten, die ihn schon zum fünften Mal gähnen ließen. Gut, sie waren nicht gänzlich einschläfernd und der Stimmung des Professors am Vortag zufolge waren einige wenige wissenschaftliche Juwelen dabei, doch… nachdem Vincent immer wieder nahezu identische Inhalte las, fiel es ihm schwer die Leistungen der Studenten zu differenzieren. Nicht, dass er durch wiederholtes Lesen wirklich schlauer in dem Thema wurde - womöglich müsste er dafür mehr in die Tiefe gehen und die tatsächlichen Studien lesen als deren Zusammenfassungen durch Studierende. Aber dass fast alle Studenten aus drei Möglichkeiten das gleiche Thema wählen würden, hätte er auch nicht ahnen können. Und dass der Professor ihn dazu verdammte, die essentiellen Punkte aller Arbeiten zusammenzufassen, um einen ersten Eindruck der Arbeiten zu ermöglichen… nun… Vincent blickte auf seine Notizen für die letzten vier Arbeiten: exakt die gleichen Stichpunkte. Für alle vier.
Er seufzte. Vielleicht lag das Problem auch eher bei ihm. Er war fast froh, dass Professor Hellissand aktuell in einer spontanen Besprechung war und nichts von seiner Unfähigkeit mitbekam - oder schlimmer: schon jetzt einen Lagebericht forderte.

Als er eine Bewegung im Türrahmen vernahm, fokussierte er seinen Blick fern der verfluchten Arbeiten. Eine reine Augenbewegung auf die Gestalt eines Mannes in einer schicken Uniform. Eine sehr eindeutige Uniform. Was machte denn ein Polizist hier? Alles in ihm erstarrte zu einer lebensfernen Säule - bis auf seinen Blick, der geweitet und gebannt der Gestalt folgte, als diese den Raum durchquerte. Nicht, wie erwartet in Vincents Richtung. Nein, er bemerkte ihn nicht und dennoch schlug das Herz des Assistenten beunruhigend schnell. Jederzeit erwartend, dass der Mann ihn doch als Ziel erkoren und seine Tarnung durchschaut hatte, während er ihm seine Rechte vorlas. Oder hatte Vincent die auch nicht? Aber das konnte nicht sein, er konnte kaum wissen, wer Vincent war, oder? Solange seine Schwester ihr Wort behielt, solange Vincent ihren Anweisungen folgte - was er tat! - war er doch sicher. Oder?

Als der Mann Anstalten machte zu klopfen, hätte Vincent aufspringen und eine solche Störung direkt unterbinden müssen, doch er war völlig gelähmt. Er war nicht einmal zur Erleichterung fähig, als der Mann sich doch von der Tür abwandte und ihn erblickte. Die kurze Andeutung eines beginnenden Lächelns im Gesicht des Ordnungshüters verursachte ein ungutes Gefühl in Vincents Magengegend.
Wieder blinzelte er mehrmals, um den Schock aus seinem Gesicht zu waschen. Bloß nichts anmerken lassen.

Ihm entging nicht, dass der Titel des Professors offenbar kein Gewicht für den anderen Mann hatte. Was bedeutete, dass er ein Freund war - oder gänzlich ignorant bezüglich der wissenschaftlichen Arbeit Baldurs. Trotz der Versicherung es wäre nicht beruflicher Natur, war ein Teil Vincents immer noch überzeugt, dass dieser Mann seinetwegen hier war und seinem Vorgesetzten die Wahrheit über Vincent eröffnen würde. 

Vincent stand von seinem Platz hinter dem kleinen Schreibtisch auf. Etwas zu schnell und ruckartig, denn der Stuhl wiegelte sich mehrmals laut auf dem Boden klappernd vor und zurück.

“Die Besprechung ist spontaner Natur und der Dekan kam vor etwa…” sein Blick huschte kurz zu der Wanduhr über seinem Kopf, “… vor etwa einer halben Stunde vorbei. Ich fürchte es kann noch etwas dauern.”

Er wagte erneuten Blickkontakt zu dem fremden Mann und bemerkte erstmals, dass unter all seiner Panik auch ein Gefühl von diesem Mann ausging, das er auf der Rückreise vor einigen Tagen vermehrt gespürt hatte. Eine Art Zugehörigkeit. Eine hypnotische Versicherung, dass er vertrauenswürdig war. War dies etwa auch ein Katori? Konnte er seinem Gefühl vertrauen? Vincent wünschte Korah wäre hier, doch die Vogeldame hatte lieber zuhause ihre Flügel strecken wollen. Anscheinend war sie momentan auch sehr beschäftigt, andernfalls hätte sie sich längst erkundigt, was ihn bedrückte.

“Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein. Ich bin sein Assistent, Vincent Noyer.” Er versuchte anhand der Mimik seines Gegenübers eine Reaktion zu erhaschen, ein ‘Aha’ Moment, ein Startsignal für Vincents Flucht. “Wenn Sie auf den Professor warten möchten, kann ich Ihnen die Wartezeit natürlich mit einem Kaffee und einem Stuhl angenehmer bereiten.”

Vincent versuchte sich an einem höflichen Lächeln, während er seinen Griff an der Tischkante lockerte, um keinen völlig verkrampften Eindruck zu machen. Das schlimmste, was man im Angesicht eines Gesetzeshüters machen konnte, war verdächtig zu erscheinen.
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#3


Curiosity Killed the Cat
   Spielleitung   Vincent Noyer
am 07.04.1953


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Nolan Hobbs
31 Jahre
Sergeant | Katori


Früher wäre da vielleicht tatsächlich irgendein Zug von Erkennen gewesen. Irgendetwas, dass von Wertschätzung gezeugt hätte, weil sie von einem Schlag waren, doch diese Zeiten waren für ihn vorbei. Immer wieder fühlte er sich unfassbar alt, wenn ihm bewusst wurde, wie wenig er damit inzwischen zu tun haben wollte. In erster Linie wollte er seine Ruhe, wollte sein Leben leben. Er wollte niemandem eine Bekanntschaft oder gar eine Freundschaft vormachen müssen, nur weil sie etwas so Unbedeutendes verband wie ein Bündnis. Denn nur, weil sie beide scheinbar eine Freundschaft zu einem Tier verband, hieß das noch lange nicht, dass sie mehr Gemeinsamkeiten hatten oder gar auf einer Wellenlänge waren. Nolan war nicht per se sämtlichen Verbindungen abgeneigt - aber er hielt sie oberflächlich und vage. Besonders wenn es um Menschen von solch besonderer Natur ging. Ironisch eigentlich, dass er trotzdem Baldur Hellissand aufssuchen wollte. Trotzdem, weil die Angelegenheit ihn eigentlich nicht berühren sollte, es aber dennoch tat, weil es alte Erinnerungen aufwühlte, die er lieber begraben gelassen hätte. Zudem hatte er sich mitschuldig gemacht und eine Rechnung beglichen, die er selbst ausgestellt hatte. Aber so kontaktscheu er mittlerweile auch war - er war loyal. Und das über jegliche Konflikte hinweg. Sonst würde er dieses Risiko hier auch gar nicht eingehen.

Nolans Augen wanderten kurz über den Schreibtisch und schließlich über den Stuhl, der einen kurzen Moment unter der Energie zitterte, mit der sich der andere Katori erhoben hatte. Dann legten sich seine Augen auf die Züge seines Gegenübers, undurchsichtig und nachdenklich. Wie es schien, war Hellissand fürs erste unerreichbar. Nolan wackelte kurz mit der Nase, während er scheinbar einen Entschluss zu fassen versuchte, ob sein Anliegen die Warterei wert war oder nicht. Aber der andere schien noch einen weiteren Vorschlag zu haben. Nolan blickte ihn an, sein Blick verlor etwas von der Angespanntheit, die ihm bis eben ins Gesicht gestanden hatte.

„Ich wusste nicht, dass Mr. Hellissand mittlerweile einen Assistenten hat.“, gab er zu, schien aber noch immer zu überlegen, ob es mehr Sinn machte, später wieder zu kommen oder zu bleiben.

Das hier könnte länger dauern.
Er hat also Informationen?
Das wird sich noch zeigen.

Er war jetzt hier. Ihm war es am liebsten, wenn man ihn nicht allzu häufig hier sah für den Fall, dass es irgendwann Verbindungen geben würde. Verbindungen, von denen er nicht wollte, dass man sie verfolgte.

„Ich nehme an, Sie sind in seine Forschungen eingeweiht?“, fragte er und trat etwas näher an den Schreibtisch heran. Er war ein Katori - Hellissand suchte sich keinen Katori als Assistenten, um ihn dann nicht einzuweihen. „Ein Kaffee klingt nett, wenn es keine Umstände macht.“

Hier ist es sicher., erinnerte ihn die Stimme in seinen Gedanken. Zuversichtlich, optimistisch.
Wenn sich daran nichts geändert hat. Wenn doch, tut's mir leid.
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#4


Curiosity Killed the Cat
   Spielleitung   Vincent Noyer
am 07.04.1953


Vincent musste sich regelrecht zur Ruhe, zum Stillstehen zwingen, während sein Gegenüber jedes kleinste Detail wahrzunehmen und zu beurteilen schien. Diesem Mann entging nichts. Nicht der schwankende Stuhl, oder jegliche Regung in Vincents Gesicht. Vermutlich wusste er auch wie schnell das Herz des jungen Noyers in diesem Moment pochte. Doch bislang hatte er primär nach Doktor Baldur Hellissand gefragt. Und ein Polizist würde wohl kaum gelassen auf eine Audienz warten, wenn er einen dringlichen Haftbefehl im Ärmel hatte, richtig?
 
Der unerwartete Besucher schien immer noch nachdenklich, als er ihm antwortete. Harmlose Worte, doch offensichtlich fragte er nach mehr Informationen, Kontext. Das Thema war glücklicherweise nicht heikel für Vincent.
 
„Ich bin erst seit einigen Monaten hier und sehr dankbar diese Stelle bekommen zu haben.“ Sein Lächeln vertiefte sich etwas und er wagte hinzuzufügen: „Einige Kollegen hier scheinen nach wie vor verwundert, dass ich hier bin. Ob überhaupt oder immer noch – dessen bin ich mir noch nicht sicher.“
 
Vincent nahm es mit Humor, vermied aber sich auf Klatsch und Tratsch über die Leiden ehemaliger Angestellter Baldurs einzulassen. Er hatte genug eigene Sorgen und Baldur zu treffen war eine glückliche Fügung in einer sehr dunklen Zeit für ihn gewesen. Seither hatte er immerhin eine gewisse Routine und Stabilität.
 
Die nächste Frage des Gegenübers war unerwartet – bestätigte jedoch, dass diese Person ein Katori sein könnte und in engerem Verhältnis zu Baldur Hellissand stand. Wieso sonst sprach er von ‚einweihen‘? Zumal Vincent als Assistent rein logisch natürlich betraut war mit der Forschung seines Chefs; zumindest mit der offiziellen Version.
 
„Das bin ich.  Aber aktuell erstreckt sich mein Aufgabengebiet auf die zukünftige Generation“, sagte er und nahm einen Teil der Arbeiten in die Hand, wedelte kurz damit, ehe er sie wieder auf seinem Tisch ablegte. „Ich hatte schon fast vergessen, wie erfrischend die Ansichten von Studierenden sind.“
 
Ihm gelang es nicht, den gequälten Ausdruck gänzlich zu kaschieren, ehe er sich mit einem knappen Nicken auf die Annahme des Angebots abwandte und zu einer kleinen Anrichte hinter seinem Schreibplatz ging. Er war froh über die zusätzliche Distanz und die kurze Pause des Blickkontakts, während er den Kaffee aus der Thermoskanne in zwei frische Tassen abfüllte. Das Getränk hatte er vor etwa einer Stunde in der Küche im Erdgeschoss aufgebrüht und abgefüllt. Wohl in weiser Voraussicht.
Mit beiden Tassen in der Hand kehrte er zurück in den Beobachtungsradius des anderen Mannes und hielt ihm das Getränk entgegen.
 
„Hier bitte. Möchten Sie Zucker dazu? Milch?“
 
Vincent übergab die Tasse und schnappte sich den erstbesten Stuhl, der an der Wand zum Büro des Professors ruhte, und stellte ihn so ab, dass der andere Mann sich zu ihm an den Tisch setzen konnte. Wieder auf „seiner“ Seite der hölzernen Grenze sammelte er einhändig die Arbeiten der Studenten so zusammen, um etwas Platz zur Ablage der Getränke zu schaffen. Seine eigene Tasse setzte er dabei auf dem Tisch ab.
Mehr nervöse Energie konnte er nicht verbrennen – außer sein Gegenüber bestand auf eine Süßung des Getränks. Es schien ihm unhöflich, sich zuerst zu setzen, daher stellte er sich wieder dem Blick seines Gegenübers und versuchte es selbst mit etwas Neugierde.
 
„Sie sind also auch in die Forschung eingeweiht, nehme ich an? Und…“ Er stockte kurz, unsicher wie er die Worte formulieren konnte, die er bis auf seine Ankunft in Inebury nie in Erwägung gezogen hatte. „… Sie sind auch wie wir?“
 
Er hörte selbst wie zögerlich er klang. Es schien surreal erneut einen Katori zu treffen. Und dann als Polizist. Gleichzeitig musste er seine Worte aber so wählen, dass - sollte sein Bauchgefühl ihn wirklich täuschen - sie nicht sofort auf jene lenkten, die in einem Bündnis mit Tieren standen.
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